Eine kleine Einführung in das Berliner Bildungsprogramm (BBP)

Das Berliner Bildungsprogramm will einheitliche Rahmenbedingungen für die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen bis zu ihrem Schuleintritt schaffen. Gleiche Qualitätsstandards in den Kindergärten sollen für Bildungsgerechtigkeit und Bildungschancengleichheit sorgen. Somit werden im BBP für den Elementarbereich der Bildung erstmalig einheitliche Rahmenbedingungen beschrieben. Ein Schwerpunkt der Aktualisierung des BBP liegt auf der pädagogischen Arbeit mit den Jüngsten in ihren ersten drei Lebensjahren und hinsichtlich einer inklusiven Pädagogik. Die Sprachkompetenz spielt dabei eine entscheidende Rolle mit Blick auf die gesellschaftliche Teilhabe.

A. Der Bildungsbegriff
Nach dem BBP ist Bildung die selbstständige Aneignungstätigkeit des Menschen, sich ein Bild von der Welt zu machen. Bildung ist dabei ein aktiver, sozialer und emotionaler Prozess.

B. Kompetenzen im Bildungsverlauf
In diesem Bildungsprogramm steht die Lebenswelt des Kindes mit seinen Bildungsanregungen im Vordergrund. Je größer und vielfältiger danach das Bildungsangebot ist, umso objektiver wird das Bild des Kindes von der Welt und es kann in seiner Bildungsbiographie bestimmte Kompetenzen entwickeln. Diese Kompetenzen zeigen die Zielrichtung der Förderung und Unterstützung der Kinder im Kindergarten auf. Im alltäglichen Leben und in einer anregungsreichen Umgebung eignet sich das Kind die Ich-Kompetenz, die soziale Kompetenz, die Sachkompetenz und die lernmethodische Kompetenz an. Laut BBP benötigen Kinder diese Kompetenzen, um in ihrer Lebenswelt jetzt und zukünftig bestehen und die Gesellschaft aktiv mitgestalten zu können. Ein wesentlicher Bestandteil des aktualisierten BBP ist die Integration von Kindern mit Behinderung und Frühförderung. Im Zentrum steht dabei die gleichberechtigte Zusammenarbeit von Kindern, Eltern, Pädagogen und unterschiedlich spezialisierten Fachkräften, um allen Kindern ein gemeinsames Lernen und Leben mit Kindern mit und ohne Behinderung zu ermöglichen.

C. Die Bildungsbereiche
Die Bildungsbereiche im BBP nehmen Bezug auf die Inhalte, mit denen jedes Kind im Laufe seiner Kindergartenzeit Erfahrungen gemacht haben soll. Sie beziehen sich auf die bereits formulierten Ziele in Hinblick auf die Persönlichkeitsentwicklung (Kompetenzen) und bringen sie mit konkreten Bildungsinhalten in Verbindung.

Das BBP ist in sechs Bildungsbereiche gegliedert:

1. Körper, Bewegung und Gesundheit:
Gesund sein bedeutet, sich körperlich, seelisch und sozial wohl zu fühlen. Der bewusste Umgang mit Gefühlen und Empfindungen, positive Bindungserfahrungen, verlässliche und vertrauensvolle Beziehungen, die Fähigkeit, mit Konflikten konstruktiv umzugehen sowie soziale Anerkennung sind wichtige Einflussfaktoren auf die Gesundheit. Vielfältige Bewegungserfahrungen, gesunde Ernährung, Körperwahrnehmung und Körperpflege bilden die Basis zur Entwicklung einer positiven Lebenseinstellung.

2. Soziale und kulturelle Umwelt:
Die sozialen Beziehungen sind Grundvoraussetzung aller Bildungsprozesse. Von Geburt an sind die Impulse, die das Kind durch die ersten Bezugspersonen erfährt, wirksam für seine Bildungsbewegungen. Positive Resonanz auf ihre Identität stärkt Kinder in ihrem Selbstbild und in ihrem Zutrauen in ihre eigenen Fähigkeiten.

3. Kommunikation:
Den sprachlichen Bildungsprozess von Kindern zu begleiten und zu unterstützen ist eine zentrale Aufgabe der Pädagogen im Kindergarten. Durch einen gemeinsam gestalteten und anregungsreichen Alltag erhalten die Kinder vielfältige Impulse und erweitern ihre Fähigkeiten, Gefühle auszudrücken, Erlebnisse wiederzugeben und Dinge auszuhandeln. Beziehungen zu vertrauten Personen und verlässliche Abläufe bilden hierfür die Basis.

4. Bildnerisches Gestalten und Musik:
Durch Bewegung, Tanz, Puppenspiel, Bildnerisches Gestalten und Musik entdecken die Kinder sich selbst und ihre Umwelt und können dabei ihren Empfindungen und Erlebnissen Ausdruck verleihen.

5. Mathematische Grunderfahrungen:
Grundlagen für mathematisches Denken werden in den ersten Lebensjahren entwickelt. Zählen, Vergleichen, Muster erkennen, Wiegen und Ordnen sind Tätigkeiten, die mit viel Freude und direkten Erfolgserlebnissen verbunden sind.

6. Naturwissenschaftliche und technische Grunderfahrungen:
Mit allen Sinnen erkunden Kinder die Natur und ihre Umwelt. Ausgehend von sinnlichen und natürlichen Erfahrungen mit den Elementen Erde, Feuer, Luft und Wasser und deren spürbaren und beobachtbaren Eigenschaften, stellen sie Betrachtungen zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten an.

D. Pädagogisch-methodische Aufgaben der Pädagogen
Die Beteiligung der Kinder an den wiederkehrenden Situationen des alltäglichen Lebens, die Begleitung und Anregung ihrer Spiele, die Planung und Gestaltung von Projekten, die durchdachte Gestaltung der Räume und die Auswahl des Materials kennzeichnen die zentralen pädagogischen Aufgabenbereiche. Die folgende Darstellung der pädagogisch-methodischen Aufgaben nach dem BBP ergänzen wir um profilspezifische waldorfpädagogische Erfahrungswerte. Das BBP bietet für die Erzieher im Kindergarten Anregungen und Material für die Umsetzung in der Praxis.

Diese Bildungsaufgaben gliedern sich in 5 Bereiche:

1. Gestaltung des Alltags im Kindergarten:
Bei der Gestaltung des Tagesablaufs kommt es darauf an, überschaubare Strukturen vorzugeben, an denen sich die Kinder orientieren können. Ein sinnvoller Wechsel von Aktivität und Erholung sowie Bewegung und Ruhe berücksichtigt die physischen und psychischen Bedürfnisse der einzelnen Kinder. Lernen erfolgt vor allem durch eigenaktives Handeln und wechselseitige Anregungen der Kindergruppe.

2. Spielanregungen und Spielmaterial:
Spiel ist die Hauptaneignungstätigkeit der Kinder, sie setzen sich mit ihrer Umwelt auseinander, erforschen und begreifen die Welt. Sie verbinden immer einen Sinn mit ihrem Spiel und seinen Inhalten.

3. Arbeit an Projekten:
Nach dem BBP bieten Projekte gute Möglichkeiten, sich mit Kindern weitere Zugänge zur Lebenswelt zu eröffnen. Ein Projekt kann als bewusst herausgehobenes Handeln von Kindern und Erwachsenen mit einer zeitlich und inhaltlich geplanten Abfolge der Auseinandersetzung mit einem Thema aus der Lebensrealität dieser Kinder bezeichnet werden.

4. Raumgestaltung:
Eine durchdachte Raumgestaltung hat elementare Bedeutung für das psychische und physische Wohlbefinden und die ganzheitliche Entwicklung des Kindes. Die Räume und Materialien sollen alle Sinne der Kinder ansprechen und zum Bewegen, Entdecken und Spielen anregen.

5. Beobachten und Dokumentieren:
Kinder nutzen verschiedene Wege, sich die Welt anzueignen und ihre Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. Die Beobachtung und Dokumentation dieser individuellen Vielfalt bildet die Voraussetzung für eine professionelle Arbeit im Kindergarten. Das Berliner Sprachlerntagebuch bildet die verbindliche Grundlage für die Dokumentation der Fortschritte in der Ausdrucksfähigkeit des einzelnen Kindes.

E. Weitere Inhalte
Das Bildungsprogramm beschreibt ebenso den Bereich der Zusammenarbeit mit den Eltern, den Übergang in die Grundschule und den Aspekt der demokratischen Teilhabe, Zusammenarbeit und Kommunikation. In der aktualisierten Fassung des BBP wurden dem Kapitel "Übergänge gestalten" weitere wesentliche Bestandteile hinzugefügt. Besondere Aufmerksamkeit liegt dabei auf die von den Pädagogen gestaltbaren Übergänge zwischen Familie und Kindergarten und den Übergang in die Grundschule. Übergänge sind besondere sensible Phasen im Leben eines Kindes. Dazu gehören Veränderungen auf der Ebene des Individuellen, der Beziehungen und der Lebensumwelten. Gelungene Übergänge stärken das Vertrauen des Kindes in die eigenen Kräfte und damit seine Resilienz. Der Übergang von der Familie in den Kindergarten ist geprägt von unterschiedlichen Perspektiven. Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule ist nach dem BBP ein entscheidender Schritt im Leben des Kindes und seiner Familie. Der Übergang beginnt schon vor dem eigentlichen Schuleintritt und reicht bis weit in die Schulzeit hinein.

F. Überprüfung der Qualitätsansprüche und Qualitätskriterien
Seit 2006 ist das BBP die verbindliche fachliche Grundlage für die Berliner Kindergärten. Eine Vereinbarung zwischen dem Land Berlin und den Trägerverbänden der Kindertageseinrichtungen beschreibt, durch welche Prozesse die im BBP definierten Ziele in der Praxis realisiert werden sollen:

  • Erarbeitung einer entsprechenden pädagogischen Konzeption
  • die „interne“ Evaluation der pädagogischen Prozesse
  • die „externe“ Evaluation zum Berliner Bildungsprogramm

Die „interne“ und „externe“ Evaluation begleiten jeweils den Kindergarten als fortlaufender Qualitätssicherungsprozess. Die Evaluationen sind Instrumente zur Reflexion der fachlichen Arbeit und erlauben Aussagen zum Stand und zum Entwicklungsbedarf des vorliegenden Leistungsangebotes.

Näheres über unsere Arbeit erfahren Sie unter dem Punkt Tagesablauf auf unserer Homepage.

Quellen:
Berliner Bildungsprogramm für die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen bis zum Schuleintritt von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, 2004, Verlag das Netz, Berlin.

Aktualisierte Neuauflage des BBP, Berlin 2014